Erfüllung gefunden: Von der Universität an die Behandlungsbank

Über Sergej Schanowski könnte man ein ganzes Buch schreiben, leider ist hier nur Platz für einen kurzen Artikel. Es wird schwierig, Sergej in seiner Komplexität so gut darstellen zu können, dass man ihm gerecht wird. Denn sein Lebenslauf ist vielfältig, sein Wissen breit gefächert und dennoch fundiert. Was er zu sagen hat, ist wirklich von Bedeutung.

Sein Steckbrief zum Überblick: Sergej Schanowski wurde 1976 in der Ukraine geboren. Er lebt seit 2000 zusammen mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Stuttgart, wo er als Physiotherapeut arbeitet. Mit 37 Jahren entdeckte Sergej, in welchem Beruf er seine Erfüllung findet. Seinen beruflichen Weg startete er mit einer wissenschaftlichen Karriere an der Universität Odessa, bis er “ankam” nahm er viele lehrreiche Umwege und machte dabei interessante Erfahrungen. Sergej würde es einfach “die Folgen meiner eigenen Entscheidungen” nennen. 

Jede Entscheidung hat Konsequenzen

Bei Sergej ist vieles groß: sein Verstand, sein Herz, seine Leidenschaft zu therapieren, seine Berufung, seine Energie, sein Mut… Das ist vermutlich auch der Grund, weshalb der Familienvater einen Lebensweg beschreiten konnte, der vielen anderen Menschen vielleicht zu mühsam gewesen wäre. Auch ihn kostete “seine Entwicklung” manchmal sehr viel Kraft, doch war er sich stets bewusst: Er befand sich dort, wo er sich befand, weil er entschieden hatte, wie er entschieden hatte. Für ihn bestand sein Leben aus unterschiedlichen Phasen, in denen er Entscheidungen treffen musste, die Konsequenzen für seine Zukunft hatten. Sich dessen stets gegenwärtig zu sein und immer das Beste daraus zu machen, egal, wohin die Konsequenzen ihn führten, das war stets sein Motto. „Ich folgte meiner Intuition und lag damit richtig“, sagt Sergej und meint damit: Er ist sehr zufrieden damit, wohin das Leben ihn geführt hat… 

Medizin faszinierte Sergej schon früh

Aus heutiger Sicht betrachtet, spürte der Physiotherapeut schon früh, dass es ihn erfüllt, kranken Menschen zu helfen. In dem ukrainischen Dorf, in dem er groß wurde, suchten die Dorfbewohner seinen Großvater auf, der als eine Art Heiler praktizierte. Ihm durfte er schon als Kind über die Schulter schauen, er teilte sein Wissen mit ihm, so kam Sergej mit Heilkunde und chinesischer Medizin erstmals in Kontakt und war fasziniert. Schmunzelnd erzählt Sergej, dass er bereits als Jugendlicher seinen ersten „Kunden“ hatte, nämlich zum Schröpfen.

Doch leider verwehrten ihm seine Eltern den Wunsch, ein Medizinstudium zu beginnen. Für sie stand fest, ihr Sohn soll in die Wirtschaft gehen. Buchhalter oder Steuerberater, wie ursprünglich vorgesehen, das konnte Sergei gerade noch abwenden. Schließlich besuchte er mit dem Einverständnis seiner Eltern die technische Universität in Odessa, um Wirtschaftsingenieurwesen zu studieren. Hier legte er den Schwerpunkt auf Marketing und Philosophie, „Die Eroberung eines fremden Marktes, taktische und strategische Lösungen“, war der Titel seiner Doktorarbeit im Promotionsstudium. Im Zuge dessen kam er dann auch mit Psychologie, Soziologie und Pädagogik in Berührung, für die er ein großes Interesse entwickelte.

Die Abenteuerlust verging sehr schnell

In dieser Zeit mit rund 20 Jahren lernte Sergej seine Frau Katharina kennen, die beiden heirateten schon bald. Ein halbes Jahr nach der Hochzeit stand plötzlich ihr Leben Kopf: Das Paar erfuhr, dass Katharinas Familie und damit auch ihr Mann Sergej als Spätaussiedler nach Deutschland ziehen dürfen. “Als sich diese Chance unvermittelt auftat, empfand ich es einfach als spannendes Abenteuer, auswandern zu dürfen. Die Abenteuerlust verging mir jedoch schnell, als ich im Jahr 2000 in Deutschland auf dem Boden der Realität aufschlug”, erinnert sich Sergej. Er beherrschte die deutsche Sprache nicht, er hatte keinen Job, dafür aber ein Baby und somit eine kleine Familie zu ernähren, denn kurz nach dem Umzug kam ihr Sohn zur Welt. „Da bin ich gezwungenermaßen über Nacht erwachsen geworden“, so Sergej im Rückblick. 

Folgen abschätzen lernen 

Intensiv lernte das Paar die deutsche Sprache, um hier Fuß fassen zu können. Dann kümmerte sich Sergej um die Anerkennung seines Studiums, da sein Abschluss aus Odessa in Deutschland nicht als gleichwertig angesehen wurde. Die ersten Jahre waren eine sehr schwierige Zeit: „Ich habe meinen Job an der Uni an den Nagel gehängt, hatte hier keine Wurzeln, keine Freunde und keine Familie, ich konnte die Sprache nicht. Und dennoch! Aus dem, was jetzt war, wollte ich unbedingt das Beste machen.“ Zum ersten Mal in seinem Leben wurde Sergej schlagartig klar, dass Entscheidungen konkrete Folgen haben, denen man nicht auskommt. „Von da ab versuchte ich mir immer bewusst zu überlegen, welche Folgen meine Entscheidungen haben werden. Denn das Leben besteht ja aus vielen kleinen Entscheidungen. Jede davon hat Folgen, egal ob gute oder schlechte. Du musst dir das nur vorab klar machen!“, bringt es Sergej auf den Punkt.

360 Bewerbungen ohne Erfolg 

360 Bewerbungen schrieb Sergej in dieser Zeit, zu keinem einzigen Job bekam er eine Einladung. Er hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und arbeitete zum ersten Mal in seinem Leben im Schichtdienst am Fließband. Sergej war sich für nichts zu schade, doch wie sollte es auf Dauer weitergehen? 

Er landete in einer Sackgasse nach der anderen, würden Pessimisten sagen. Für Sergej war es oftmals frustrierend und doch gab er nicht auf. Erst pendelte er ein Jahr lang zwischen Stuttgart und Odessa, wo er sich im Bauunternehmen seiner Eltern um den wirtschaftlichen Part kümmerte, dann arbeitete er in einem Möbelkonzern als Lagerleiter, es folgte ein Ausflug in das Import- und Exportgeschäft mit ukrainischen Rohstoffen, er arbeitete als Personaltrainer, jobbte als Barkeeper, Nachtbetreuer in einem Heim für behinderte Kinder oder als Möbelpacker. Stets hatte er jedoch beruflich viel mit Menschen zu tun. “Das war die Zeit, in der ich sehr intensiv nach mir selbst gesucht habe, viel gelesen und gelernt habe. Ich wollte viele Erfahrungen sammeln”, berichtet der Physiotherapeut. Nur in der Praxis könne man in der Theorie Gelerntes tatsächlich umsetzen. 

Mit 40 Jahren umgesattelt

Long story short… Sergej wurde mit knapp 40 Jahren bewusst, er möchte einen Job, der niemals durch künstliche Intelligenz zu ersetzen ist und mit Menschen zu tun hat. Auch sein Interesse für die Medizin meldet sich wieder. Und so entschieden Bauch und Kopf einstimmig, Sergej macht eine Ausbildung zum Physiotherapeuten. “Da kann ich mich als Mensch entwickeln und zwar ein Leben lang”, fühlte Sergej.

Ob er wirklich dafür geeignet ist, mit kranken Menschen zu arbeiten, wollte Sergej zunächst bei einem Pflegepraktikum herausfinden. Nach diesem war er sich ganz sicher: “Das hat mir die Augen geöffnet. Glück hängt nicht allein von Gesundheit, Erfolg und Geld ab, selbst wenn man krank ist, kann man sich glücklich fühlen.” 

Arbeiten mit Säuglingen war hart und lehrreich

Drei Jahre lang besuchte Sergej die VPT Schule, die staatlich anerkannte Physiotherapeuten Schule in Fellbach bei Stuttgart. Dann begann er bei Franziska Rau zu arbeiten, die eine Praxis für Kinderphysiotherapie betreibt. “Sie war eine großartige Mentorin und hat ihren Wissensschatz mit mir geteilt. Ich habe alles aufgesaugt, was sie mir beigebracht hat. Mit Kindern zu arbeiten, war für mich die beste Schule”, erinnert sich Sergej. Hier habe er gelernt, die Menschen richtig zu “lesen”, was ihm bis heute bei jedem Patienten hilft. Denn gerade Säuglinge und Kleinkinder können sich überhaupt nicht mitteilen. Da ist man bei der Aufnahme des Befundes darauf angewiesen, Körperhaltung und Mimik verstehen zu können. Informationen bekommt man nur über Fühlen, Hören, Sehen. “Es war einer der härtesten Jobs für mich. Zum einen habe ich hochkonzentriert gearbeitet und dadurch sehr viel Erfahrung gesammelt, zum anderen wurde es aber mit der Zeit immer schwieriger, mich von dem Leid der Kinder emotional abgrenzen zu können. Vor allem, als dann meine kleine Tochter zur Welt kam.”

Immer die Rehabilitation im Fokus 

Und wieder ein Cut. Sergej wechselte nun in das Zentrum für ambulante Rehabilitation mit den Schwerpunkten Neurologie, Onkologie und Orthopädie. Hier kam für ihn der zweite wichtige Baustein beim Therapieren hinzu: “Rehabilitation ist immer mein primäres Ziel, egal aus welchem Bereich der Patient kommt. Anhand unterschiedlicher Testmöglichkeiten erstelle ich einen Befund, dann baue ich eine Hypothese auf und erstelle den Behandlungsplan. Für eine gute Rehabilitation muss man oft zurück in die eigene Entwicklung gehen. Manche Menschen haben Entwicklungsschritte übersprungen, was zu Defiziten führen kann. Dies auszugleichen ist auch im Erwachsenenalter noch möglich, wenn man die Schwachstellen findet.” Hierfür kommt wieder Sergejs umfangreiches Wissen aus der Pädiatrie zum Tragen, wie sehr sich die kindliche Entwicklung auf das körperliche Befinden im Erwachsenenalter auswirken kann. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren sucht er den richtigen Weg zur Rehabilitation, entsprechend der Defizite seines Patienten. 

Sergej kommt zum Hausbesuch

Seit 2020 arbeitet Sergej nun als freiberuflicher Physiotherapeut mit den Schwerpunkten Urologie und Neurologie. Er therapiert seine Patienten im Großraum Stuttgart im Hausbesuch, auch für Bunz mobile Physio. Im Moment plant er parallel dazu, in der Schweiz im Bereich Neurologie und Neurochirurgie an einer Klinik wissenschaftlich zu arbeiten. 

Eine ältere Dame und ihr Therapeut von Bunz mobile Physio stehen vor einem Fenster.
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